Zwei Meere dort sind Nachbarn
dem Altane,
Der Deutschlands Kranken hegt
in seinem Ringe.
Horch: Eines, kosend mit des
Windes Schwinge,
Daß es die Luft Balsam zu
werden mahne.
Das andere? Als ob der Held es
ahne,
Welch Lied so bang dies Meer
der Sorge singe,
So lauscht er jetzt, von wem
es botschaft bringe
Und Wege sich bis ihm in’s
Herz her bahne?
Er fühlts: Im Branden jenes
Wogenschlages
Durchdringt das Zeugniß, wie
sein Volk sich gräme,
Die lange Nacht des
heimathsfernen Tages.
Dies Reich wird seins! Ob er
das Scepter nehme,
Das künftge, fern dem Bann des
Sarkophages,
Ob, staubentrückt, im
Thränendiademe.
Seht doch, er ist da.
Wo wählt das Herz den Ort der
Huldigungen?
Es wählt ihn nicht, es
jauchzt, wo es ihn findet.
Ein Fenster blinkt, ein
seidner Vorhang schwindet
Und Wilhelm steht von seinem
Volk umschlungen.
Mild lächelt er den Alten,
lacht der Jungen
Im Siegerkranz, den ihr Gesang
ihm windet,
Und ahnt, was ihn mit diesen
ewig bindet,
Wenn lang dereinst ihr letztes
Hoch verklungen.
Und täglich wächst des treuen
Schwarmes Welle,
Der Liebesfluth zu eng wird
ihr Gestade...
Nur heut – o sagt, was trübt
so lautre Quelle?
Wie Schatten ziehn
vieltausende die Pfade,
Bis Kaiser Wilhelm grüßt aus
selger Helle:
Dank, Dank auch dir,
Reichsvaters Wachtparade!
Kaiser Wilhelm scheidet.
Nun steht dies Herz, für das
die unsern schlagen,
Der Blick erlosch, aus dem wir
Licht empfingen,
Dieweil, umstrahlt von neunzig
Jahresringen,
Er ruht in Gott, Gott
Deutschlands Dank zu sagen.
Wo wird sein Volk zur Gruft
den Kaiser tragen?
Strom Alarichs, wo gehst du
Lieder singen
Und wo fortan wird der
Kyffhäuser klingen
Im Wiederhall von Weißbarts Heldentagen?
Hier, Vater, hör’s: Schon
wurde, dich zu grüßen,
Das Rufen laut in deines
Berges Schreinen
Von Stimmen, die selbst dieses
Leid versüßen.
Und, wer ihm lauscht, wird
dich noch waltend meinen:
Vom Todesschlaf zu deiner
Mutter Füßen
Erwacht bist du im Lebensgrund
der Deinen.
Allein
„Der Kaiser hat den Kanzler
heut empfangen“.
- Was schweigt die Meldung,
die wir oft vernommen?
Und spräch doch wahr: Der
Kanzler ist gekommen,
Bleich selber er, wie des
Gebieters Wangen.
Ist das der Blick aus dem die
Funken sprangen,
Durch deren Gluth des
Schicksals Essen glommen?
Zum ersten Mal von tiefem Weh
beklommen,
Trüb läßt er ihn an seinem
Kaiser hangen.
Denn der ist todt, zog fort,
hat ihn verlassen,
Der treue Herr den Treuesten
der Seinen,
Und Trauer füllt des
Doppelruhmes Gassen.
- Schmerz, Einsamkeit, Ihr
dürft ihn nicht versteinen:
Dies Haupt muß sorgen, dieser
Arm noch fassen.
Er fühlt’s – und geht, zu
wirken und zu weinen.
Wie lautet sein Lied
Von Deutschlands Hort, vom
heimgegangnen Kaiser
Was rühmen wir, was werden
Künftge singen?
Der Wagnisse gewaltiges
Gelingen?
im Palmendom die Pracht der
Lorbeerreiser?
Die Welt erfuhr, daß nie ein
König weiser,
So freudig Keiner, selbst sich
zu bezwingen,
So stark, das Herz auch
Feinden abzuringen.
Sie lieben ihn, sie sagen es
nur leiser.
Und doch! Der Sang von dem die
Herzen beben,
Daß ewig nun sein Echo sich
erneue,
Ist heiliger. Ihn athmete dies
Leben.
Ihn sprach der Blick aus
dieser Augen Bläue,
Sprach, hört es: Pflicht! Ihr
ganz, nur ihr ergeben!
- Und nie verhallt dies
Hohelied der Treue.
Beweint und begrüßt
Der Ewge rief und fromm herab
vom Throne
Zur Ruhe ging der treue Held
sich betten;
Gelöst von ihm entsanken
goldne Ketten
Und horch: Sein Amt, der Vater
schickt’s dem Sohne.
Der aber sieht vor Thränen
nicht die Krone,
Sieht nur daheim zwiefach
verwaiste Stätten
Und, voll der Kraft, sein
Leben zu verwetten,
Gewinnt sein Herz die Hoffnung sich zum Lohne.
„Der Kaiser kommt, kehrt
wieder, kommt noch heute!“
So dankt, so naht die Liebe
seinen Pfaden,
Sie, deren Flehn der Nacht
entrang die Beute.
- Fremdling, durch Gunst,
durch Abgunst hergeladen,
im Gruße Deutschlands höre
dies Geläute:
Heil unserm Fritz, Martyr von
Gottes Gnaden!
Im Zeichen des Sieges
Das Scepter heut ist stählern gleich dem Schwerte,
Sein Anwart lernt auf
Schlachtenweisthum sinnen.
Drum gehn im Purpur
Samariterinnen
Und tilgen fromm die Spur der
Siegesfährte.
Das Kreuz der Hülfe, die dem
Unheil wehrte,
Die Eine hebt’s der edlen
Kaiserinnen.
Die Andere? ihr Weinen floß
nach innen,
Auf daß ihr Held des Lächelns
nie entbehrte.
Wie wenn sie heut schon ewge
Kronen trügen,
Ausgeht ein Glanz von diesen
Lichtgestalten
Und Ehrfurcht liest in ihren
Dulderzügen.
Die unsrer Liebe Schwesteramt
verwalten,
Laß, Heiland, ihres Opfers dir
genügen!
- Dies ist’s, wofür sich
Deutschlands Hände falten.
Vorbildlich
Den bangen Puls im Sterbeglockentone
Vernimm, mein Volk, aus aller
Völker Landen,
Vom Staunen fühlt, von Ehrfurcht
dich umstanden,
Doch lächele dem Wort vom
Götterhohne.
Wilhelm und Fritz, - der Vater
lebt im Sohne –
In deines Herzens Wundertiefen
fanden,
Ihr eigenes wiegt mehr, denn
ihre Krone.
Doch solchen Zween, die über
zahllos mindern
erhöht, bevor am Menschen wir
verzagen,
Nicht will der Geist das Loos
des Staubes lindern.
Er weihte sie, den Kampf ihm anzusagen
Und leuchtend uns erschrocknen
Erdenkindern
Hoch das Panier der Menschheit
vorzutragen.
Abend um Mittag
Das Königtum der Erden ihm zur
Seiten,
Empfindend, wie Alldeutschland
hier sich schaare,
Tritt Kronprinz Wilhelm
herwärts von der Bahre,
Den todten Ahn und Kaiser zu
geleiten.
Tritt her in Glanz, den
Friedrichs Augen breiten
Um seines Lieblings
jugendblonde Haare,
Tritt her allein, daß
Ehrfurcht fromm erfahre,
Wir sehn im Sohn den Vater vor
uns schreiten.
Und das Jahrhundert ruht in
dieser Stunde.
Sein Herrscher winkt auch ihm
zum Frieden eben
Und Frage hängt am stummen
Schicksalsmunde.
Da hebt sich hoch Er, den uns
Gott gegeben,
Der Sieche mehr noch Held,
denn der Gesunde:
... Heil, Friedrich, Heil! Du
hoffst und wir, wir leben.
Das letzte Commando
Nicht Euch! Ja wohl:
Aufrichtet Eure Seelen,
Ihr Generals, Hauptleute,
Grenadiere,
Auf, trotz dem Flor umhüllter
Siegsparniere,
Die flüsternd doch von Ihm und
Euch erzählen:
Von Euch, da unter Kaiser
Wilms Befehlen
Die Zeit Ihr lehret, wie sie
vormaschiere,
Von Ihm, der Euer Held war und
der ihre,
Den Lieb und Dank zum
Herrschervorbild wählen.
Der Kamerad, der König, der
Vertraute.
- Zum letzten Mal Ihm folget
Ihr hioenieden,
So dumpfen Tritts, als
dröhnten Klagelaute –
Und tragt das Weh und segnet
Ihm den Frieden.
Achtung! Wenn der
Soldatenmorgen graute,
Erlebt ihr’s, daß der Kaiser
nicht geschieden.
Der Cherub der Chronika
Der Genius, der, athmend nur
im Schauen,
Das Leben sieht Geschick der
Menschheit werden,
Gewahrt den Gram in allen
Volksgeberden,
Fühlt arm an Licht der Zukunft
Morgen grauen.
Der Kaiser ging und, die am
Rande bauen,
wie halben Seins nur weilen
sie auf Erden;
Erinnerung ist über unsern
Herden
Die Trösterin, der wir das Herz
vertrauen.
Und er, der Geist, den Gott
berief, zu schreiben,
Daß, lesend, wir ihm That
diktieren lernen,
Er läßt den Stift auf Wilhelms
Blatt noch bleiben.
Er deutet es umflorten
Augensternen,
Um spät, voll Heimweh, weil
die Jahre treiben,
Vom Bilde sich des Lieblings
zu entfernen.
Voran mit Gott
Vom Brenner her durch’s Herz
der Heimathsgaue
Vorbei dem Gruß der Sachsen
und der Franken
Wer überholt die sehenden
Gedanken,
Den Bart bereift und naß vom
Wimpernthaue?
Der Kaiser Fritz sprach: Herr,
auf den ich baue
Für dieses Haupt, das du
gekrönt dem Kranken,
Dies Volk, dem schwarz die
Flaggen niedersanken,
Gieb einen Strahl aus offnem
Himmelsblaue!
Die Zukunft wehrt
verschlossnen Buches Lesung,
Doch: Ewiger, gesund zu sein,
ich wag es!
Dein Athem salbt die Brust mir
mit Genesung.
Deutschland, der Liebe
Trauerflöre trag es,
Bist du, mein Gott, kraft
deiner Reichsverwesung
Uns schauen lehrst die Sonnen
unsres Tages.